Unsere Reise ging nach
2 Jahren, 7 Monaten und 11 Tagen zu Ende. Das "Abenteuer Wiedereinstieg" hat begonnen.

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Überraschend schönes Guatemala

Guatemala - welche Erwartungen oder Vorstellungen hatten wir von diesem Land vor der Einreise? Eigentlich ganz wenige, wir hatten uns im Vorfeld kaum mit diesem Staat auseinandergesetzt. Andere Reisende berichteten jeweils, dass Guatemala landschaftlich sehr schön sei. Allerdings seien die Strassen teilweise steil ohne Ende, für viele zu steil. Gespannt darauf, wie wir das "Land des ewigen Frühlings" erleben werden, nahmen wir also die Grenze von Belize nach Guatemala in Angriff.

Um die Mittagszeit standen wir an der belizianischen Grenze, etwa dreissig Sekunden zu spät und mussten so einer ganzen Busladung Touris den Vortritt bei der Ausreise lassen. Einmal an der Reihe, war die offizielle Ausreise jedoch eine Sache von fünf Minuten. Die Einreise nach Guatemala verlief ebenfalls ziemlich speditiv und ausser dem netten Versuch einer Beamtin, uns um 20 Quetzales pro Person für eine Einreisegebühr zu erleichtern, die gar nicht existiert, war dieser Grenzübertritt sehr entspannt. Wer sich für weitere Details interessiert, findet diese hier.

Wir legten die ersten paar Kilometer in Guatemala zurück und erreichten gegen Abend den Nationalpark Tikal. Die Maya-Stadt liegt mitten in den Regenwäldern des Petén, dem nördlichsten Departamento Guatemalas. Auf den Warnschildern entlang der Strasse waren zahlreiche Tiere abgebildet, doch zu Gesicht bekamen wir nur ein paar Truthähne. Für eine erste Besichtigung der Tempel, Pyramiden und Paläste war die Zeit zu knapp, so genossen wir den Abend auf der Campingwiese und gingen früh schlafen. Dies hatte seinen Grund... Am nächsten Morgen riss uns der Wecker um 05.00 Uhr aus dem Schlaf. Wir dachten darüber nach, den Wecker einfach zu ignorieren und liegen zu bleiben, entschieden uns dann aber doch fürs Aufstehen. Um 06.00 Uhr öffnete die Anlage nämlich ihre Schranken und so taumelten wir noch halb im Schlaf in Richtung Ruinen.

Tikal ist ziemlich weitläufig und so empfiehlt es sich, die Besichtigung ein bisschen mit System anzupacken. Ausnahmsweise hatten wir also einen Plan. Doch es war früh am Morgen, wir erwischten den falschen Weg und so hatten wir unseren Plan bereits wieder über den Haufen geworfen :-) Dies war jedoch nicht weiter schlimm. Als wir die ersten Tempel erreichten, lag noch alles ruhig im Nebel und liess die Ruinen in einer mystischen Stimmung erscheinen. Um die Tempel später noch einmal ohne Nebel sehen zu können, machten wir also so oder so zwei Rundgänge und spulten dadurch einige Kilometer zu Fuss ab. Obwohl wir bereits einige Maya-Stätten gesehen hatten, verbrachten wir auch in dieser Anlage sechs Stunden und waren noch immer fasziniert von den Bauten. Die Höhepunkte in Tikal für uns waren die Plaza Mayor mit den Tempeln I und II (Grosser Jaguar und Tempel der Masken) sowie der Tempel IV (Tempel der doppelköpfigen Schlange). Dies ist Tikal's höchster Tempel und nach schweisstreibender Besteigung über eine Holztreppe ist der Ausblick über den Regenwald einfach grandios. Lange blieben wir dort oben sitzen, lauschten den Geräuschen der Tiere und erspähten die Spitzen der Pyramiden und Tempel.

Dank dem frühen Aufstehen blieb uns die grösste Hitze in Tikal erspart und wir waren am frühen Nachmittag bereits unterwegs nach Flores. Die Departementshauptstadt liegt auf einer kleinen Insel im Lago Petén Itzá und ist durch einen Damm mit dem Festland verbunden. Die kleine Stadt hat einen gewissen Charme. Wie sie allerdings mit ihren paar Strassen, Hostels und Restaurants auf dieser Insel Departementshauptstadt sein kann, blieb uns ein Rätsel :-)

Unser geplante Spaziergang rund um Flores fiel buchstäblich ins Wasser. Die Uferstrasse, welche rund um die Insel führt, stand an vielen Stellen unter Wasser und so verlegten wir unseren Rundgang immer wieder ins Trockene eine Strasse zurückversetzt. Die grossen Wasserspiegelschwankungen dieses Sees waren zum Zeitpunkt unseres Besuches eindrücklich sichtbar und machen den Anwohnern ganz schön zu schaffen.

Wer den vielen Restaurants und Bars in Flores widerstehen kann, hat die "Stadt" in einer Stunde erkundet. Nach einer Übernachtung verliessen wir den Petén-Itzá-See schon wieder und fuhren auf der erstaunlich guten Strasse in Richtung Lago de Izabal. Etwa auf halber Strecke liegt Poptún, wo wir bei der Finca Ixobel einen Zwischenhalt einlegen wollten. Die lockere Atmosphäre und das gute Essen dort haben uns überzeugt. Hier wird nach Vertrauensprinzip gearbeitet: jeder schreibt in der dafür vorgesehenen Liste auf, was er konsumiert, bedient sich selber resp. schreibt die gewünschte warme Mahlzeit selber auf und gibt den Zettel direkt bei der Köchin in der Küche ab. So war es dann auch wirklich nur halb so schlimm, dass aus einer Nacht plötzlich zwei Nächte wurden. Als wir nämlich bereits alles zusammengepackt hatten und soweit abfahrbereit waren, stach Angi bei ihrem Rundgang ums Auto vor der Abfahrt der vordere rechte Reifen ins Auge. Na, wenn das kein Plattfuss ist! Die Ursache war bald gefunden, der dicke Nagel im Pneu war nicht zu übersehen. So konnte Claudio sein Talent im Radwechseln unter Beweis stellen und Angi assistierte so gut es ging. In Poptún war bald ein auf Reifenpannen spezialisiertes Geschäft (Pinchazo) gefunden und für wenig Geld war der Pneu repariert und wieder montiert. Wir hatten keine Lust, an diesem Tag noch weiterzufahren und kehrten zur Finca Ixobel zurück, wo wir gerade noch rechtzeitig zum Fussball-WM-Spiel eintrafen. Man muss schliesslich Prioritäten setzen ;-)

Klar haben wir am nächsten Morgen vor dem Losfahren die Reifen besonders gut angeschaut. Es war aber alles in Ordnung und so konnte unsere Fahrt an den Izabal-See heute stattfinden. Nach ein paar Einkäufen im chaotischen Ort Rio Dulce erreichten wir am frühen Nachmittag die Finca El Paraíso direkt am See. Einmal mehr versuchte ein gewitzter junger Guatemalteke, uns über den Tisch zu ziehen und verlangte von uns den doppelten Preis für die Übernachtung. Leider hatte er die Rechnung wohl ohne die ältere Frau, welche auf dem Grundstück lebt, gemacht. Sie nannte uns den üblichen Preis für den Stellplatz von Reisemobilen und der junge Typ beharrte keine Sekunde mehr auf seinem Preis. Schon blöd, dass diese Touristen immer mit mehreren Leuten sprechen... :-)

 

Am nächsten Morgen machten wir uns bald auf den Weg zur Thermalquelle. Heisses Wasser läuft hier über Felsen hinab in ein kühles Becken. Einmal mehr erwies es sich als lohnenswert, früh unterwegs zu sein, denn wir waren lange alleine und genossen das Bad und den heissen Wasserfall. Etwa eine Stunde später tauchte dann unüberhörbar eine Reisegruppe auf und vorbei war es mit der Ruhe. Ein italienischer Macho-Typ konnte es natürlich nicht sein lassen und demonstrierte seine nicht vorhandenen Klippenspringer-Qualitäten. Beim ersten Sprung rutschte er auf den glitschigen Felsen aus und er hatte einfach ein riesen Glück, dass er nirgendwo dagegengeprallt ist. Dies konnte er natürlich nicht auf sich sitzen lassen und versuchte immer wieder einen eleganten Sprung. Ein Sack Kartoffeln fällt noch eleganter von einem Felsen... Wir hatten dann bald genug Spektakel gesehen, spazierten durch den Dschungel zurück zum Camper und steuerten Rio Dulce an.

In Rio Dulce angekommen bemerkten wir bald, dass sich hier eigentlich alles um Segelboote dreht. Es gibt mehrere Marinas und der Ort ist aufgrund seiner wettergeschützten Lage beliebt bei den Seglern. Wir standen mit unserem Truck-Camper bei Bruno's Hotel und Marina und kamen dadurch einfach in Kontakt mit den Seglern. Nebst vielen nordamerikanischen Bootsleuten waren tatsächlich auch Schweizer Segler anzutreffen.

 

Kein Aufenthalt in Rio Dulce ohne eine Flussfahrt nach Livingston. Zu diesem Ort an der Karibikküste führt keine Strasse, nur per Seeweg kommt man in dieses verschlafene "Nest". Die Bootsfahrt war ein Erlebnis der nassen Sorte, es regnete in Strömen und wir waren froh um unsere Regenjacken. Die Einheimischen verkrochen sich unter der Plane, welche das Gepäck vor Regen schützen sollte. Kaum in Livingston am Steg angelegt, hatten wir zahlreiche "Amigos und Friends". Die Ankunft eines Bootes versetzt die Garífunas in euphorische Stimmung und sie bieten einfach alles an... von der geführten Stadtbesichtigung über das beste Restaurant, die besten Drinks, die beste Musik und andere Substanzen, natürlich ebenfalls beste Qualität - hier ist einfach alles zu haben ;-) Wir erkundeten die paar Strassen im Ort auf eigene Faust, suchten auch das Restaurant selber aus und verliessen Livingston gegen Abend mit gemischten Gefühlen. Urlaub würden wir hier nicht machen wollen...

Unsere nächste Fahrstrecke von Rio Dulce nach Antigua erschien uns auf den ersten Blick als ziemlicher Brocken. Doch wieder waren die Strassen in einem erstaunlich guten Zustand, wir kamen viel schneller voran als gedacht und erreichten unser Ziel bereits am Nachmittag. Bei der Touristenpolizei wurden wir freundlich begrüsst und durften unser Fahrzeug auf dem sicheren Gelände abstellen. Unter Einhaltung von ein paar "Hausregeln" dürfen Reisende hier kostenlos maximal fünf Nächte im Wohnmobil übernachten. So waren wir bald einquartiert, registriert und machten gleich einen ersten Rundgang durch Antigua. Bald merkten wir, dass hier auf fast 1600 m.ü.M. ein anderes Klima herrscht, denn gegen Abend froren wir plötzlich... ein völlig neues Gefühl :-)

Zwei weitere Tage verbrachten wir in dieser wirklich tollen Stadt. Sie ist umgeben von Vulkanen und wurde mehrmals von Erdbeben verwüstet. Im Jahr 1773 wurde sie durch ein schweres Erdbeben völlig zerstört und verlor damit auch ihre Funktion als Hauptstadt Guatemalas. Die Spuren der Erdbeben sind auch heute noch sichtbar, viele Kirchen und Klöster wurden nie mehr aufgebaut und gehören heute als Ruinen zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt. Uns gefiel Antigua mit den schönen Gebäuden, den umliegenden Vulkanen und dem angenehmen Klima sehr. Auch genossen wir es, abends wieder einmal in einer Bar etwas trinken und auswärts essen zu gehen. Klar probierten wir auch die überall angebotene handgemachte Schokolade. Wir müssen sagen, gar nicht schlecht... Aber Schweizer Schoggi ist halt doch die beste!

 

Seit der Einreise nach Guatemala fielen uns immer wieder die farbigen "chicken buses" auf. Dies sind ausgemusterte amerikanische Schulbusse, welche in allen Farben bemalt werden und als öffentliche Busse verkehren. Üblicherweise gibt es nebst dem Chauffeur noch einen Helfer, welcher für Passagiere, Gepäck, Einkassieren der Fahrpreise, usw. verantwortlich ist. Dabei ist es normal, dass der Bus bereits abfährt, während er noch auf dem Dach die Ladung verstaut. Klar turnt der Helfer auch schon auf dem Dach herum, um das Gepäck von aussteigenden Passagieren zu holen, während der Bus noch in voller Fahrt ist. Ein weiteres Merkmal der "chicken buses" ist, dass die Chauffeure fahren, als seien sie auf der Flucht. Das Einhalten von Geschwindigkeitsbegrenzungen kennt keiner und Überholmanöver an unübersichtlichen Stellen sind normal, schliesslich winkt der Helfer die anderen Fahrzeuge unmissverständlich zur Seite. In Antigua hatten wir eine gute Gelegenheit, diese farbenfrohen Busse zu beobachten. Der Busbahnhof lag nur wenige Meter von unserem Stellplatz bei der Touristenpolizei entfernt und so verbrachte Claudio mehrere Stunden damit, die "chicken buses" zu studieren und zu fotografieren.

Dass Guatemala aber auch extrem steile und grottenschlechte Strassen zu bieten hat, wussten wir spätestens nach der Fahrt von Antigua nach Panajachel am Lago de Atitlán. Anstelle der gut ausgebauten "Ruta Centro Americana" führte uns das Navi über eine "Ruta Nacional". Bald bemerkten wir, dass wir von unserer geplanten Route abgewichen waren, fanden aber die Strecke ganz schön und die Strasse war bisher geteert und in Ordnung. Auf mehr als 2000 m.ü.M. fuhren wir durch wunderschöne Landschaften und Bergdörfer. Doch irgendwie wurde die Strasse zunehmends enger und die Schlaglöcher nahmen zu. Unser Truck-Camper versetzte die Dorfbewohner in Staunen, ein solches Gefährt hatten wohl viele noch nie gesehen. Plötzlich war dann auch die geteerte Strasse Geschichte und unser Off-Road-Abenteuer begann... eine Holperpiste, die immer schlechter wurde, kein Dorf oder Gegenverkehr mehr und unser Navi hatte sich mittlerweile ganz verabschiedet. Irgendwie waren wir wohl jetzt auch noch von der Ruta Nacional abgekommen... Teilweise im Schritttempo holperten wir über die Erdpiste und die Auswaschungen wurden immer schlimmer. Ein See war weit und breit nicht in Sicht. Nach etlichen Kilometern und vielen erstaunten Blicken von Feldarbeitern erreichten wir aber dann endlich wieder die Ruta Nacional, welch eine Freude! Auf enorm steilen (aber geteerten) Strassen gelangten wir dann nach Panajachel. Anstelle der zwei geplanten Stunden Fahrt waren sechs daraus geworden - shit happens.

 

In Panajachel hatten wir einen tollen Platz am See, auf der Wiese des Hotels Bahia del Lago, mit Blick auf die gegenüberliegenden drei Vulkane. Der geeignete Platz, um sich nach der anstrengenden Irrfahrt zu erholen :-) Die Landschaft um den Atitlán-See ist wunderschön, mit der Stadt Panajachel konnten wir allerdings nicht viel anfangen. Sie gilt zwar als DER Touristen- und Travellerort, uns sprach sie aber gar nicht an. Aufgrund der tollen Lage am See würden wir jedoch auf jeden Fall nach Panajachel zurückkehren.

Wir waren nur zwei Wochen in Guatemala, waren aber von den gesammelten Eindrücken und Erfahrungen begeistert. Das Land ist landschaftlich super schön und die Leute haben wir als sehr freundlich erlebt. Gefallen hat uns auch, dass hier viele Indigene in ihren Trachten zu sehen sind. Wir hatten das Gefühl, dass dies in Mexiko und Belize nicht mehr so häufig der Fall war. Das Land hat uns auf jeden Fall positiv überrascht und wir kommen gerne wieder.

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Kommentare: 5
  • #1

    Xénia Gamulin (Dienstag, 12 August 2014 21:40)

    Hallo Angela und Claudio,

    I liked your post on Guatemala very much, we also liked this country a lot. The best in Central America in our opinion. We are now in Colombia, ready to continue our trip further south. All the best for Costa Rica!!! Greetings. Xénia

  • #2

    MammiPia (Mittwoch, 13 August 2014 14:16)

    Danke für den interessanten Bericht und die gelungenen Aufnahmen.
    Wie ich sehe, war auch "Tuusigfüessler Balthasar" unterwegs. Eine nette Begegnung!
    Es grüsst herzlich und wünscht nur das Allerbeste
    MammiPia

  • #3

    Marianne (Mittwoch, 13 August 2014 17:51)

    Die Trucks, sind wirklich ein Hingucker. Die hätten mir auch gefallen. Bin beindruckt von eurem Bericht. Bis dieser zustande gekommen ist, müsst Ihr bestimmt Stunden dafür aufgewendet haben. Super Idee, eure Grenzerfahrungen zu verraten.. ;-). Sag mal, wie hoch fliegt dein Heli.. ? Liebe Grüsse aus dem regnerischen, kalten G'wald. Swchen Ma.

  • #4

    Hans-Ueli Flückiger (Donnerstag, 14 August 2014 08:22)

    Bin heute auch in Guatemala eingereist, ais Honduras. Zwei Sachen sind mir an der Grenze aufgefallen: Wie von euch erwähnt hatte es einen Kopierer im Zollbüro, normalerweise muss man die Kopien in einem Laden machen lassen. Und speziell zu erwähnen, die Dame konnte blind das Zehnfingersystem, Unglaublich! Die von Euch erwähnten Zeiten erscheinen mit weiter im Süden sehr kurz, mit zwei Stunden rechne ich eigentlich immer. Weiterhin eine tolle Zeit, Hans-Ueli
    PS: Danke für denTipp. Ich werde zuerst zum Meco Loco fahren. Vielleicht habe ich dort Erfolg.

  • #5

    Marco Ramseier (Donnerstag, 21 August 2014 21:13)

    Toller Bericht, die Tierschilder haben wir auch fotographiert.
    Grüsse aus dem Entlebuch und allzeit gute Fahrt.