Unsere Reise ging nach
2 Jahren, 7 Monaten und 11 Tagen zu Ende. Das "Abenteuer Wiedereinstieg" hat begonnen.

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Tierische Sache: Manatees, Bären und synchron leuchtende Glühwürmchen

Allein allein... So kamen wir uns plötzlich vor, nachdem auch Mami Pia ihre Heimreise angetreten hatte und wir nach fast fünf Wochen mit Besuch nun wieder zu zweit unterwegs waren. Als erstes fuhren wir nach Christmas, einem kleinen Ort in Florida, der tatsächlich Weihnachten heisst. Dort holten wir unser "Geschenk", ein Kühlschrank-Ersatzteil, ab. Natürlich hatten wir dieses vorher beim Weihnachtsmann im Internet bestellt :-)

Noch am selben Tag, Mami Pia sass bereits im Flieger nach Miami, richteten wir uns gleich für vier Nächte auf dem Manatee Hammock Campground in Titusville ein. Es gab einiges zu erledigen, denn während Besuch da war, lagen unsere Prioritäten nicht so sehr beim Aufräumen, Blog schreiben, usw. Selbstverständlich durfte aber ab und zu eine Abkühlung im schönen Pool nicht fehlen.

Den Campingplatz in Titusville hatten wir auch ausgewählt, weil wir von hier aus einen Raketenstart am Cape Canaveral live mitverfolgen konnten. Dieser war für 11.05 Uhr angekündigt und so machten wir uns um 10.30 Uhr mit Stühlen, Sonnenschirm, Getränken, Video- und Fotoausrüstung auf den Weg zum Holzsteg direkt beim Campingplatz. Auch andere Leute hatten sich dort versammelt und tatsächlich, um Punkt 11.05 Uhr sahen wir zuerst viel Rauch, etwas später die Rakete aufsteigen und noch mit etwas mehr Verzögerung hörten wir ein gewaltiges Donnern. Wow! Schon bald konnten wir die Rakete aber kaum noch erkennen, so weit oben war sie in kurzer Zeit. Das ganze Spektakel hätte man auch im Kennedy Space Center direkt vor Ort mitverfolgen können, für schlappe 50 US-Dollar zusätzlich zum Eintritt. Das Geld hatten wir uns gespart und waren dadurch ein bisschen weiter entfernt. Den Countdown zählten wir selber und die Kommentare konnten wir uns anhand diverser Filmszenen auch gut vorstellen ;-)

 

Da unsere Fotos das Ereignis nicht so gut wiedergeben, hier ein Video des Raketenstarts, welches nicht von uns aufgenommen wurde:

Der Campingplatz heisst übrigens berechtigt Manatee Hammock, denn vom Holzsteg aus konnten wir einen Tag zuvor tatsächlich ein Manatee (eine Seekuh) aus nächster Nähe beobachten. Wie es so ist, hatten wir zu diesem Zeitpunkt leider den Fotoapparat nicht dabei...

Auf dem Platz lernten wir auch Christiane und Birger, zwei deutsche Reisende, kennen. Die beiden sind seit Frühling 2014 mit ihrem Wohnmobil unterwegs. Im Gespräch stellte sich heraus, dass sich unsere Reisepläne für die nächsten paar Monate so ziemlich decken und wir einander hoffentlich nicht zum letzten Mal über den Weg gelaufen oder gefahren waren.

Ein Anruf beim Weihnachtsmann resp. bei der Poststelle in Christmas ergab, dass nun auch unser anderes Geschenk eingetroffen war. Und diesmal war es tatsächlich ein Geschenk, denn Donna und Fred aus Kanada hatten uns ihren Jahrespass für die Nationalparks der USA zugeschickt. Damit hatten wir ab sofort freien Eintritt in sämtliche Nationalparks in Amerika. Thank you Donna and Fred!

Auf einer Inlandroute, vorbei am Lake Jesup und Lake Monroe (ja, solche Namen haben die Seen hier), gelangten wir nach Daytona Beach. Daytona ist sicher jedem Motorsport-Fan ein Begriff, auf dem International Speedway werden diverse Rennveranstaltungen ausgetragen. Auch die Spring Breaker und die Harley-Fahrer treffen sich jedes Jahr in Daytona Beach. Kein Wunder also ist der kilometerlange Strand gesäumt von riesigen Hotelanlagen, Restaurants, Bars, Läden, usw. Der Strand darf streckenweise sogar mit dem eigenen Fahrzeug befahren werden, aber natürlich auch das nicht umsonst. 10 US-Dollar pro Tag werden dafür fällig. Ein teures Vergnügen, will man nur einmal dem Strand entlang fahren. Nutzt man aber die Möglichkeiten und parkiert auch gleich am Strand, ist das keine schlechte Investition, zudem entfällt das Schleppen von Stühlen, Sonnenschirmen, Kühlboxen und allem anderen, was man am Strand halt so braucht.

In Daytona Beach waren wir mit Nicole und Roman verabredet. Angi's Kollegin und ihr Freund waren in Florida im Urlaub und wir freuten uns sehr, die beiden hier zu treffen. Bei einem etwas sehr welligen Bad im Meer wurde gequatscht, später gönnten wir uns ein Mittagessen in einem Restaurant auf dem Pier mit toller Aussicht. Die Nachspeise, einen leckeren Key Lime Pie, holten wir uns im Supermarkt. Der Nachmittag verging viel zu schnell. Danke Nice und Roman, dass ihr den weiten Umweg auf euch genommen habt, um uns zu besuchen.

Für uns ging es weiter der Küste entlang bis nach St. Augustine. Diese kleine Stadt wollten wir uns etwas genauer anschauen, ist es doch der älteste nicht-indianische Ort der USA. Der Einfluss der Spanier ist auch heute noch gut zu sehen. Unter anderem sind die engen Gassen und schmiedeeisernen Balkon-Gitter nicht unbedingt typisch amerikanisch. Auch dem Castillo de San Marcos, der ältesten gemauerten Verteidigungsanlage der USA, statteten wir einen Besuch ab. Der Nationalparkpass kam ein erstes Mal zum Einsatz und ersparte uns die Eintrittsgebühr. St. Augustine mit seinen vielen schönen Gebäuden und der Bridge of Lions über den Atlantic Intracoastal Waterway haben uns positiv überrascht und gefallen.

Der Küste entlang ging es weiter, bis anstelle der Strasse plötzlich ein Fluss vor uns auftauchte. Mit der Fähre gelangten wir über den St. Johns River und fuhren weiter auf die Amelia Island. Mehrfach hatten wir Leute getroffen, welche von den Stränden dieser Insel geschwärmt hatten. So erkundigten wir uns im Fort Clinch State Park nach einem Platz auf dem Camping und erhielten einen unter Bäumen auf der Flussseite. Gerade als wir uns zu Fuss auf den Weg zum Fort machen wollten, kamen Christiane und Birger angefahren. Dass wir uns so schnell wieder sehen würden, damit hätten wir nicht gerechnet, aber wir freuten uns sehr. Nach der Besichtigung des Forts und dem Nachtessen setzten wir uns auf ein Bier resp. einen Wein zusammen. Die beiden fuhren am nächsten Tag weiter, wir ergatterten den letzten Platz auf der Meerseite und zogen also innerhalb des Campingplatzes um. Nun standen wir ohne jeglichen Schatten durch Bäume, aber dafür viel näher am Strand. Dieser war übrigens wirklich schön, wir hatten aber schon schönere gesehen. Das ist wohl der Nachteil vom langen Reisen, dass man mit der Zeit "verwöhnt" ist und gewisse Sachen mit anderen Augen sieht.

Richtig überrascht war Angi jedoch, als wir an Land einen "Fliegenden Fisch" fanden. Claudio wusste, dass es diese gibt, beförderte den zappelnden Kerl zurück ins Meer und klärte Angi auf, welche die Sache mit den fliegenden Fischen noch nie gesehen hatte und einfach nicht so ganz glauben wollte. Es gibt die Fliegenden Fische aber tatsächlich und man nimmt an, dass sie durch die Luft gleiten, wenn sie auf der Flucht vor Fressfeinden sind. Sie können über 30 Sekunden lang in der Luft verweilen und dabei Distanzen von bis zu 400 Metern zurücklegen. Das erklärt auch, weshalb der arme Kerl am Strand lag... Hoffentlich hat er es geschafft und fliegt das nächste Mal nicht mehr an Land!

Vom Fort Clinch State Park aus, welcher ganz im Norden Floridas gelegen ist, hätten wir eigentlich in den nächsten Bundesstaat Georgia schwimmen können. Da wir aber beide nicht die besten Schwimmer sind und den Camper mitnehmen wollten, verliessen wir Florida doch auf dem Landweg und fuhren nach Savannah. Die Altstadt gilt als eine der schönsten der USA und so machten wir noch am selben Abend einen ersten Spaziergang dem Savannah River entlang. Am nächsten Tag nahmen wir gewisse Sachen genauer unter die Lupe, schliesslich wurden hier Teile des Films "Forrest Gump" gedreht. Im Film wartet Forrest Gump auf einer Bank auf den Bus. Den entsprechenden Platz "Chippewa Square" fanden wir, jedoch fehlte die Bank. Wir erfuhren, dass diese heute in einem Museum steht, welches wir aber nicht besuchten. Savannah verfügt heute über 21 Squares (Plätze), von welchen wir einige sahen. Die alten Gebäude entlang des Savannah Rivers, über Fussgängerstege erschlossen, welche über die kleinen Hinterhofstrassen führen, haben uns super gut gefallen. Überhaupt fanden wir, dass die Altstadt von Savannah ihrem Ruf als eine der schönsten der USA gerecht wird und einen Besuch auf jeden Fall Wert ist.

Unser Aufenthalt in Georgia war nur von kurzer Dauer, denn bereits am folgenden Tag stand mit South Carolina der nächste Bundesstaat an. Wir machten Halt in Charleston, eine Hafenstadt, welche für ihre vielen historischen Gebäude im Antebellum-Stil (ante = vor / bellum = Krieg) bekannt ist. Wir schlenderten durch die Strassen, betrachteten die schönen Häuser und Villen und ruhten uns in den gemütlichen Pärken mit Blick aufs Meer aus. Doch irgendwie konnte uns Charleston nicht so ganz überzeugen, Savannah hatte uns beiden besser gefallen. Vielleicht waren wir auch ein bisschen "stadtmüde"? Jedenfalls entschieden wir uns nach dem Rundgang durch Charleston für einen Unterbruch. Statt weiter der Küste entlang zu fahren, wollten wir einen Abstecher in die Wälder und Berge machen...

Der Great Smoky Mountains Nationalpark lag etwa fünf Fahrstunden entfernt und so machten wir uns noch am gleichen Tag auf den Weg. Früher lebten die Cherokee-Indianer in diesem Gebiet, wurden jedoch im 19. Jahrhundert vertrieben. Die zwangsweise und gewaltsame "Umsiedlung" ist unter dem Begriff "Trail of Tears" (Pfad der Tränen) bekannt. Heute besitzt die Eastern Band of Cherokee Indians ein Kasino in Cherokee, einer Stadt direkt am südlichen Eingang des Nationalparks. Auf dem Parkplatz dieses Kasinos übernachteten wir, bevor wir dann in den Nationalpark aufbrachen. Wir waren zwar im Kasino, konnten es aber sein lassen, zu spielen :-)

 

Der Smoky Mountains ist der meistbesuchte Nationalpark in den USA. Wir freuten uns auf die Abwechslung: Natur statt Städte, Berge und Wälder statt Strand und Meer. Auch wollten wir die eine oder andere Wanderung unternehmen. Auf dem ersten Campingplatz lernten wir ein deutsch-amerikanisches Pärchen kennen. Die beiden sind mit ihrem "Bieber-Bus" auf Verkaufstour und Reise zugleich. Steven hat seine Idee, ein Brillenband mit integriertem Portemonnaie, in die Tat umgesetzt und versucht nun, diese an den Mann resp. in die Geschäfte zu bringen. Seine Freundin Simone unterstützt ihn dabei. Wir hatten lustige Gespräche mit den beiden und wünschen ihnen viel Erfolg mit ihrem noch jungen Geschäft.

 

Vom Smokemont Campground aus starteten wir unsere Erkundung des Parks. Auf dem Clingmans Dome, 2025 Meter über Meer und damit höchster Punkt Tennessees, wollten wir uns einen Überblick verschaffen. Dieser hielt sich allerdings stark in Grenzen, wir sahen nur Nebel... Das letzte Stück der Auffahrt zum Clingmans Dome war von dichtem Nebel umschlossen und es machte auch nicht den Anschein, dass sich dieser bald verziehen würde. So entschieden wir uns, ohne Überblick weiterzufahren und uns im Besucherzentrum die Ausstellung und den Film zum Park anzuschauen. Auf dem Weg dorthin spazierte tatsächlich eine Bärenmutter vor uns über die Strasse. Natürlich stoppten wir sobald wie möglich und konnten gerade noch zusehen, wie sie ihre zwei Jungen auf der anderen Strassenseite abholte und mit ihnen die Strasse überquerte. Bis wir allerdings den Fotoapparat hervorgekramt hatten, waren die herzigen jungen Bären schon wieder im Gebüsch verschwunden. Am späteren Nachmittag konnten wir dann - trotz sämtlicher Vorwarnungen, dass der Campingplatz total ausgebucht sei - doch noch einen Platz auf dem Elkmont Campground ergattern. Hier hatte nämlich gerade der begehrteste Park-Event des Jahres begonnen, die Beobachtung der "Synchronous Fireflies". Dies sind Leuchtkäfer (Glühwürmchen), welche zu Tausenden gleichzeitig ihr Hinterteil zum Leuchten bringen. Dafür kann man offenbar weit im Voraus Tickets kaufen, wird dann mit Bussen in den Park chauffiert und darf sich dieses Spektakel anschauen. Umso erstaunter waren wir eigentlich, ohne Reservation noch einen Platz auf dem Camping erhalten zu haben. So konnten wir während dem Eindunkeln bequem zu Fuss auf den Friedhof laufen und gespannt warten. Tatsächlich, kaum war es vollkommen dunkel geworden, begannen die Käfer ihr Schauspiel resp. ihr Paarungsritual. Überall, wirklich überall, leuchtete und blinkte es für ein paar Sekunden, dann war es wieder absolut dunkel bis das Leuchten von Neuem zu sehen war. Immer und immer wieder... Das war faszinierend, eindrücklich und einfach schön. Was es in der Natur für seltsame Sachen gibt... Klar hatten wir ab und zu schon Glühwürmchen gesehen, dass es aber Arten gibt, welche ihre Blinksignale synchronisieren und so ganze Busch- oder Baumreihen im gleichen Takt blinken, hatten wir nicht gewusst und waren begeistert. Leider war es auch hier extrem schwierig, Fotos oder Videos zu machen. Wir haben nichts brauchbares zustande gebracht :-(

Unsere erste Wanderung im Park, oder besser gesagt, unser erster Spaziergang, führte uns zu den Laurel Falls. Obwohl wir früh unterwegs waren, hatte es schon viele Leute auf dem kurzen Weg zu den Wasserfällen. Was wir dann, bei den Wasserfällen angekommen, erlebten, glaubt uns kein Mensch. Einem ersten jungen Amerikaner fiel vor lauter "cool sein" das Handy ins Wasser, zu seinem Glück stürzte es nicht weiter hinunter. Kurz darauf hörten wir hinter uns einen dumpfen Aufprall, ein etwas älterer Herr war samt teurer Kameraausrüstung auf den nassen Steinen ausgerutscht. Nun lag er wie ein Käfer auf dem Rücken, hatte sich offenbar weh getan, doch die Kameraausrüstung blieb unversehrt. Das war für ihn wohl die Hauptsache. Keine fünf Minuten später dann bereits der nächste Aufschrei hinter uns, eine Frau war ebenfalls ausgerutscht und ins Wasser gefallen. Auch sie hatte sich dabei offenbar weh getan, war klitschnass und konnte sich kaum aus dem Wasser begeben, so geschockt war sie. Wir beide konnten einfach nur noch den Kopf schütteln. Überall waren Schilder aufgestellt, dass die Steine nass und rutschig sind. Überall konnte man lesen, dass gutes Schuhwerk erforderlich ist. Ein bisschen gesunder Menschenverstand hätte wohl auch schon gereicht. Egal, uns wurde es hier zu eng und wir wunderten uns einmal mehr über das Verhalten gewisser Leute. Schnellstens traten wir den Rückweg an ;-)

Auf dem Cades Cove Loop, dies ist eine knapp 18 Kilometer lange Einbahnstrasse im Nationalpark, konnten wir uns ein paar erhaltene Gebäude von den ersten weissen Bewohnern dieses Gebiets anschauen und die wirklich tolle Landschaft geniessen. Der interessante Vortrag eines Rangers brachte uns das Leben dieser Leute etwas näher. Der Ranger hatte eine so tolle Art, über ein Thema zu sprechen, dass wir am Abend die Gelegenheit packten und auf dem Campingplatz einen weiteren Vortrag von ihm besuchten.

Unsere nächste Wanderung, diesmal konnte sie auch schon eher als solche bezeichnet werden, führte uns zu den Abrams Falls. Der Wasserfall war zwar mit seinen sechs Metern nicht so hoch, aber trotzdem schön. Die etwas längere Strecke sorgte auch dafür, dass nicht solch ein Andrang war wie beispielsweise bei den Laurel Falls. So konnten wir unser Picknick geniessen bis ein Grollen ein Gewitter ankündigte und es kurz darauf wie aus Kübeln schüttete. Die meisten machten sich schleunigst auf den Rückweg, wurden aber dabei bis auf die Unterhose nass. Wir suchten uns einen Felsvorsprung und warteten den Wolkenbruch ab, wir kamen schliesslich trocken zurück. Am Nachmittag versuchten wir unser Glück erneut und versuchten, auf dem Elkmont Campground noch einmal einen Platz zu bekommen, damit wir ein weiteres Mal die Glühwürmchen miterleben konnten. Die Angestellte erkannte uns sofort und meinte, wir seien richtige Glückspilze, sie hätte genau noch einen Platz frei für uns. Und so konnten wir bei diesem Naturschauspiel noch einmal dabei sein. Wer weiss, ob und wann wir die Gelegenheit wieder haben?

Bevor wir dem Smoky Mountains Nationalpark Tschüss sagten, wollten wir doch noch einmal in die Höhe. Auf dem Chimney Tops Trail ging es drei Kilometer teilweise steil nach oben und wir kamen ganz schön ins Schnaufen. Die grösste Herausforderung wartete jedoch ganz oben. Denn um überhaupt einen Blick nach unten werfen zu können, muss man über einen Felsen weiter hoch zu einem Aussichtspunkt klettern. Nichts für Leute mit Höhenangst und damit eigentlich nichts für Angi, kein Problem für Claudio. Doch mit ziemlich weichen Knien und zittrigen Händen kam auch Angi oben an, krallte sich aber weiterhin am Fels fest. Nur nicht daran denken, dass der Weg da runter noch bevorsteht, wenn möglich nicht im Sturzflug. Die Aussicht dort oben war genial. Doch bevor immer mehr Leute kamen, wollte Angi sich wieder auf den Rückweg machen. Das ging einfacher als gedacht, trotzdem war es ihr unten wieder wohler zumute. Auch hier gab es wieder ein paar Mal Anlass für uns, einfach nur den Kopf zu schütteln. Meist war es das absolut ungeeignete Schuhwerk, welches uns zu denken gab. Die Krönung war jedoch das grell geschminkte Mode-Tussi, bauchfrei und in Hotpants mit modischen Turnschuhen ohne jegliches Profil. Der Kommentar ihres Begleiters: "Sie lebt halt in der Stadt und war noch nie in der Natur". Aha.

 

Auf den Chimney Tops hatten wir strahlend blauen Himmel und so dachten wir, eine erneute Fahrt zum Clingmans Dome würde sich nun lohnen. Gesagt, getan. Doch bereits auf der Fahrt nach oben zeichnete sich ab, was kommen musste... Das letzte Stück war wieder total in Wolken und Nebel gehüllt und so war der Ausblick auch dieses Mal sehr eingeschränkt. Ein Ranger erklärte einem anderen Besucher gerade, wie weit man hier an einem klaren Tag sehen kann. Tja, hat nicht sollen sein :-) So verliessen wir den Great Smoky Mountains Nationalpark, welcher uns trotz fehlendem Überblick vom Clingmans Dome aus und den vielen Besuchern im Park gefallen hat.

Ein zweites Mal übernachteten wir auf dem Parkplatz des Kasinos in Cherokee, bevor wir am nächsten Tag den Blue Ridge Parkway in Angriff nahmen. Die 755 Kilometer lange Panoramastrasse durch die Appalachen verbindet den Shenandoah-Nationalpark in Virginia mit dem Great Smoky Mountains Nationalpark in North Carolina. Dabei ist die Strasse nur für den Tourismus gebaut worden, Lastwagen sind also Fehlanzeige, dafür sieht man umso mehr Motorradfahrer. Wir wollten nicht die ganze Strecke fahren, aber mehr oder weniger etwa bis in die Hälfte und dann zurück an die Küste. Entlang der Strasse gibt es immer wieder Aussichtspunkte und Haltebuchten, so legten wir auf dem ersten Teil der Strecke bis nach Asheville einige Stopps ein um die Aussicht zu geniessen.

Ausblick vom Bunches Bald Overlook
Ausblick vom Bunches Bald Overlook

In Asheville angekommen beschloss Claudio, sich hier und jetzt selber um den Ölwechsel an unserem Truck zu kümmern. Bereits auf der Fahrt in die Smoky Mountains hatten wir nämlich Ausschau nach einer Werkstatt gehalten, welche kurz das Öl und den Filter wechseln sollte. Doch entweder waren die Einfahrtstore der Werkstätten zu niedrig, so dass wir für den Ölwechsel den Camper hätten abladen müssen. Oder aber sie verlangten Preise, welche wir nicht bereit waren, für einen Ölwechsel zu bezahlen. So hatte sich Claudio im Internet schlau gemacht und nahm die Sache nun gleich selber an die Hand. Im Walmart kauften wir das benötigte Öl (ganze 14.2 Liter), eine Auffangpfanne und einen Trichter. Den Ölfilter hatten wir bereits im Vorfeld gekauft und so konnte es direkt auf dem Walmart-Parkplatz losgehen. Schritt für Schritt und mit grosser Sorgfalt machte Claudio den Ölwechsel, Angi assistierte ihm dabei. Das alte Öl konnten wir bei Walmart kostenlos entsorgen und somit war das eine saubere Sache. Was die in der Werkstatt können, kann Claudio auch. Das hätten wir eigentlich schon von Anfang an so machen können...

Unser Nachtlager schlugen wir an diesem Tag im etwas von der Strecke abgelegenen, aber wirklich herzigen Black Mountain Campground auf. Wir erwischten die schlechtere der beiden Zufahrtsstrassen und dachten schon, dass hier überhaupt nichts mehr kommt, als plötzlich der Campingplatz im Tal vor uns auftauchte. Obwohl wir hier niemanden kannten, wurden wir herzlich begrüsst und fast wie Familienmitglieder behandelt - sympathisch.

 

Tags darauf konnte unser Truck sein neues Öl gleich richtig einweihen, wir fuhren nämlich auf den Mount Mitchell. Mit 2037 Metern ist dies der höchste Berg der Appalachen. Nach einem feinen Zmittag, selber gemachte Rösti wie sich das auf einem Berg gehört :-), erreichten wir dann bald Little Switzerland. Der kleine Ort in North Carolina hat jedoch unserer Ansicht nach nicht viel mit der Schweiz zu tun. Auch die Speisekarte eines Restaurants wies keine Anzeichen von Fondue, Raclette oder etwas ähnlich leckerem auf, leider.

 

In Spruce Pine stach uns an einer Kreuzung ein Plakat in die Augen: Heute, Rodeo in Burnsville! Der Ort war nur ein paar Kilometer entfernt und das Rodeo würde schon bald beginnen, also nichts wie hin. Der Start der Veranstaltung war auf 19.00 Uhr angesetzt und wir waren noch rechtzeitig vor Ort. Wir hatten uns gerade gemütlich hinter unserem Camper eingerichtet, als wir hinter uns ein Quietschen von Autoreifen, dann ein Rumpeln und kurz darauf Schreie hörten. Tatsächlich war hinter uns ein Auto den Hang hinunter gestürzt, hatte sich überschlagen und lag nun auf dem Dach. Die Rodeo-Jungs und die Zuschauer halfen einem Teil der Insassen aus dem Auto, andere waren aber eingeklemmt und mussten so auf die Rettungsmannschaft warten. Das Rodeo geriet für einen Moment in den Hintergrund, bis die Verunfallten abtransportiert worden waren. Mit einer Stunde Verzögerung ging es dann aber los. Es war ein kleines, lokales Rodeo, aber für Unterhaltung war gesorgt. Logischerweise waren viele Leute wohl in Gedanken noch beim Autounfall und den Verletzten, so kam nie richtig Stimmung auf, was durchaus verständlich war. Erst ein Heiratsantrag eines jungen "Cowboys" an seine Freundin brachte die Menge wirklich zum Jubeln.

Eigentlich sollte unsere Fahrt auf dem Blue Ridge Parkway weitergehen, doch bereits am Morgen zeichnete sich ein wolkenverhangener, regnerischer Tag ab. So verbrachten wir einen Tag auf einem Campingplatz und kümmerten uns um den "Haushalt" - putzen, Wäsche waschen, Abrechnungen machen, usw. Auch auf diesem Platz wurden wir überaus freundlich und herzlich von den anderen Campern empfangen. Wären wir länger geblieben, hätten wir die Einladung eines Camper-Nachbarn zum Dinner gerne angenommen. Überhaupt fiel uns auf, dass die Leute in North Carolina unglaublich nett und freundlich sind.

 

Am nächsten Tag schlenderten wir durch die Kleinstadt Boone und machten eine lustige Entdeckung. In einem der zahlreichen Antiquitäten-/Trödelgeschäfte stiessen wir doch tatsächlich auf eine Souvenirglocke mit der Aufschrift "Pilatus 2132 m, 7000 ft". Es wäre sehr interessant zu wissen, auf welchem Weg diese Glocke ausgerechnet hier in Boone gelandet ist. Der freundliche Angestellte wollte uns noch einen weiteren Gegenstand aus der Schweiz in seinem Laden zeigen und meinte, es sehe aus wie ein Didgeridoo. Leider konnte er das Teil nicht finden, aber wir sind ziemlich sicher, dass er damit ein Alphorn gemeint hat ;-)

 

Da sich das Wetter inzwischen wieder verschlechtert hatte, verliessen wir den Blue Ridge Parkway bei Cherry Lane. Wir hofften, dass sich der Nebel nicht bis in den tiefer gelegenen Stone Mountain State Park ausgebreitet hatte und wir so den Abend nicht in Nebel gehüllt verbringen müssen. Dieser Plan ging auf, später regnete es allerdings kräftig und so beschlossen wir, am nächsten Tag zurück an die Küste zu fahren. Unser Abstecher in den Great Smoky Mountains Nationalpark und den Blue Ridge Parkway hatte sich definitiv gelohnt. Nun waren wir wieder neugierig auf den weiteren Verlauf der Küste. 

Die Fahrt nach Myrtle Beach verlief zügig und ziemlich ereignislos. Dort angekommen, wurden wir aber einmal mehr fast erschlagen. Wie oft hatten wir gehört, dass Myrtle Beach wunderschön und DER Ort schlechthin sei. Offenbar haben wir einfach andere Vorstellungen von einem schönen Ort am Strand, denn was wir hier sahen, liess uns die Haare zu Berg stehen: überfüllte Strände und Strassen, Hotelbunker an Hotelbunker, Vergnügungsparks, usw. Wir wollten aber dem State Park direkt am Meer eine Chance geben, der Strand dort sah schön aus. Doch der Campingplatz war laut Auskunft vor Ort ausgebucht. Komisch nur, dass Angi im Internet noch freie Plätze gesehen hatte und wir später erfuhren, dass es durchaus noch Plätze für unseren Truck-Camper gehabt hätte. Die Art und Weise, wie hier mit Leuten umgegangen wird, gefiel uns nicht und festigte unsere Meinung. Zuviel Geld versaut die Leute und ehemals schöne Orte. So liessen wir den "place to be" links liegen und fuhren weiter nördlich, zurück nach North Carolina. Mit der Fähre schipperten wir über den Cape Fear River und schauten uns Wrightsville Beach an. Auch hier hat der Tourismus längst Einzug gehalten, aber es ging hier wesentlich entspannter zu als in Myrtle Beach...

 

Sowohl Wrightsville Beach als auch Wilmington wollte sich Angi unbedingt anschauen. Alle Bücher von Nicholas Sparks, welche Angi gelesen hatte, handelten in North Carolina und diese beiden Orte (und weitere) kamen darin immer wieder vor. Wilmington, am Cape Fear River gelegen, gefiel uns ganz gut. Die angelegte Promenade am Fluss entlang war wirklich schön, zudem war die Stadt nicht derart überlaufen wie dies an anderen Orten der Fall war. Viele Filme und Serien werden hier gedreht, Wilmington ist nach Hollywood und New York das drittgrösste Zentrum der US-amerikanischen Filmindustrie. Insgesamt hatte Angi sich die Schauplätze der Romane aber idyllischer und romantischer vorgestellt. Tja...

Im Croatan National Forest quartierten wir uns dann für zwei Nächte auf dem Cedar Point Campground ein. Ein Missverständnis mit dem "camp host on duty" (diensthabender Campingplatz-Aufseher) führte dazu, dass wir uns kurzerhand auf dem Platz des nicht anwesenden, zweiten "camp hosts" niederliessen. Das freundliche ältere Aufseher-Ehepaar nahm es aber mit Humor, wir hätten sogar drei Nächte bleiben dürfen, obwohl der Platz sonst komplett ausgebucht war. Diese Freundlichkeit und Flexibilität sucht man vielerorts vergeblich, zu touristisch und zu überlaufen sind leider zahlreiche Orte an der Küste.

Morehead City und Beaufort, Angi ebenfalls aus den Büchern bekannt, statteten wir ebenfalls einen kurzen Besuch ab. Doch auch hier waren es nicht die Orte, welche uns in Erinnerung bleiben werden, sondern die wirklich extrem freundlichen Leute. North Carolina wird uns deshalb in besonderer Erinnerung bleiben. Die Weiterfahrt wäre von hier aus im Inland oder aber mit zwei Fährfahrten von Insel zu Insel möglich gewesen. Wir entschieden uns für die Variante "Inselhopping" und wurden nur schon auf der Anfahrt zur ersten Fähre für diesen Entscheid belohnt. Während dem Sonnenuntergang waren wir unterwegs zum Fährterminal und konnten eine wunderschöne Stimmung in einer tollen Landschaft erleben.

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