Unsere Reise ging nach
2 Jahren, 7 Monaten und 11 Tagen zu Ende. Das "Abenteuer Wiedereinstieg" hat begonnen.

Erhalte unseren Newsletter

Einmal rund um die Prince Edward Island und weiter nach Nova Scotia

Wie im letzten Blog erwähnt, war es für uns schön "nach Hause zu kommen". Kanada war das Anfangsland unserer Reise und wird auch der Endpunkt unserer Auszeit sein. Von Kanadas Osten hatten wir schon einige gute Sachen gehört und so waren wir gespannt, was uns erwarten würde. So viel vorneweg: Rohe Austern und Muscheln schmecken ziemlich schlabbrig und salzig :-D

Über die im Jahr 1997 eröffnete Confederation Brücke erreichten wir nach 12.9 Kilometern die Prince Edward Island. PEI (so wird die Insel abgekürzt und umgangssprachlich genannt) liegt im Atlantik und ist flächenmässig die kleinste Provinz Kanadas. Bis zur Eröffnung der Brücke am 01. Juni 1997 konnte man die Insel nur mit dem Flugzeug oder mit Fähren erreichen, welche auch heute teilweise noch in Betrieb sind.

 

Nach der 10-minütigen Brückenüberfahrt, welche beim Hinfahren gratis ist, machten wir einen Abstecher ins Besucherzentrum und deckten uns mit Info-Material und Karten über die Insel ein. Wir entschieden uns aufgrund der Wettervorhersage dafür, die Insel im Uhrzeigersinn zu erkunden und gönnten uns erst mal eine kleine Pause und ein bisschen Luxus in Form eines Campingplatzes. So erledigten wir das Übliche, ein paar "Reisearbeiten" wie Fotos sichern, Wäsche waschen, diverse Akkus laden, Tagebuch schreiben, Mails beantworten, usw. Die Nächte wurden in der Zwischenzeit zum Teil etwas kühler und so waren wir froh, wenn wir morgens mit unserem kleinen Elektroofen heizen konnten. Noch die wärmeren Temperaturen gewöhnt, waren wir immer noch ziemliche "Gfrörlis".

 

Wir nahmen uns nun den North Cape Coastal Drive, also den westlichen Teil von PEI, vor. Die rund 350 Kilometer fuhren wir jedoch nicht an einem Tag, wir wollten ja auch etwas von der Insel sehen und machten den einen oder anderen Abstecher. So besuchten wir zum Beispiel das West Point Lighthouse, welches zu einem kleinen Museum mit Restaurant und Hotelzimmern umfunktioniert wurde. Gleich nebenan befindet sich der Cedar Dunes Provincial Park. Da es uns dort so gut gefiel, beschlossen wir kurzerhand, auf dem Campingplatz zu übernachten und erkundeten die tolle Gegend mit einem langen Spaziergang.

 

Die Weiterfahrt führte uns nun der Küste entlang in den Norden der Insel. Die Gegend dort ist geprägt von Windkraftanlagen, verschiedenste Turbinen werden hier aufgestellt und für die Stromerzeugung getestet. Dass die Windräder wohl berechtigt hier getestet werden, erfuhren wir am eigenen Leib. Selbst bei schönstem Wetter wehte hier ein kräftiger Wind - wir möchten nicht wissen, wie es hier zu und her geht, wenn es stürmt. Auch konnten wir zuschauen, wie das "Irische Moos" hier geerntet wird. Das Moos, welches eigentlich eine Alge bzw. Tang ist, kann als Nahrungsmittel oder Tierfutter verwendet werden. Heute dürfte die gewinnbringendste Verwendungsart jedoch der Verkauf an die pharmazeutische Industrie und Kosmetikindustrie sein, für welche das Irische Moos eine bedeutende Quelle zur Gewinnung des Rohstoffs Carrageen ist. Schmiert sich Angi dieses Zeug also jeweils morgens und abends ins Gesicht?

Vom North Cape weg fuhren wir weiter gemütlich der Küste entlang und waren grundsätzlich auf der Suche nach einem Gratis-Übernachtungsplatz. Dies gestaltete sich schwierig, es wollte sich einfach keine gute Möglichkeit finden. Das Wetter spielte auch nicht mehr so gut mit, langsam zogen Wolken auf. Zur Aufmunterung besorgten wir uns in einem kleinen Fischerhafen-Beizli ein Eis, dabei sahen wir ein bisschen entfernt etliche Zelte und auch ein paar grosse Wohnanhänger stehen. Das musste ein Campingplatz sein, also fuhren wir einfach mal hin und wollten uns über die Preise erkundigen. Die kleine Zufahrtsstrasse zum vermeintlichen Platz stellte sich als die richtige heraus und so fuhren wir dem Jeffery-Wegweiser entlang in Richtung Wasser. Hm... was ist denn das? Irgendwie sah dies nach Campingplatz aus, aber irgendwie auch gar nicht. Wir stiegen aus und erkundigten uns bei ein paar anwesenden Leuten. Es stellte sich heraus, dass dies ein privater Stellplatz ist (sogar mit WC, Duschen und Strom) und heute ein Familientreffen stattfindet. Das erklärte nun auch die vielen Zelte. Okay, wir wollten auf keinen Fall die Feier stören und waren schon dabei umzudrehen, als sich jemand bei Claudio über unser Reisegefährt und die bisherige Reise erkundigte. Wir erzählten kurz und Douglas (so stellte sich später heraus) fragte kurzerhand bei den anderen nach, ob wir bei ihnen übernachten dürfen. Kurze Zeit später lud uns Douglas ein, wir seien herzlich bei den Jeffery's willkommen! So stellten wir unseren Truck-Camper mal in eine Ecke. Es dauerte nicht lange und es waren immer wieder andere Leute um uns herum, die sich vorstellten und wissen wollten, wer wir sind. Wir erzählten über unsere Reise-Route und Erlebtes. Bald erfuhren wir, dass die Jeffery's eine richtig grosse Familie sind. Bei ihrer Weihnachtsfeier seien mittlerweile knapp 100 Familienangehörige anwesend, von Klein bis Gross. Dazu würden sie jeweils gleich ein ganzes Hotel mit vielen Zimmern nur für sich alleine mieten. Leben würden sie übrigens von der Austernzucht und vom Krabbenfang. So "rutschten" wir dann langsam aber sicher in die sehr sympathische Jeffery's-Familienfeier hinein.

Während Angi mit Volleyballspielen beschäftigt war, wurde Claudio spontan eine Besichtigung des Familienbetriebes angeboten. Dieser steht nur ein paar Schritte entfernt vom "privaten Campingplatz". So erfuhr Claudio eine Menge über die Austernzucht und durfte das Bürogebäude, die Verpackungshallen sowie die Kühl- und Lagerräume besichtigen. Das Ganze ist ein interessantes Business! Weiter durften wir bei einer Bootsausfahrt in die Austernfelder mit dabei sein. Unser Bootsführer Justin führte uns dorthin. Wir waren ziemlich warm angezogen, er allerdings stand barfuss in einer Wasserlache im Boot, dies in kurzen Hosen und T-Shirt. Das ist dann das etwas andere "Kälte-Empfinden".

Im Austernfeld machten wir Halt, sie zogen für uns einen Korb aus dem Wasser und holten eine der darin gelagerten Austern heraus. Für uns als "Nicht-so-gerne-Meeresfrüchte-Esser oder Meeresfrüchte-Neulinge" war dies eine absolut neue Erfahrung. Zum Abschluss der rasanten Bootsfahrt zeigten sie uns noch die "Erntemaschine für Austern". Mit Wasserstrahlen werden die Austern vom Meeresgrund losgespült und ein Förderband bringt sie anschliessend gleich an Bord. So sind die Jeffery's jederzeit in der Lage, rasch und relativ einfach frische Austern an ihre Abnehmer zu liefern.

Die restliche Zeit vertrieben wir uns mit guten Gesprächen, Angi spielte kräftig beim Volleyball mit und erhielt auch noch eine Führung durch den Austernbetrieb. Am Abend freuten wir uns über das grosse Lagerfeuer und das kleine Feuerwerk. Es wurde musiziert, gesungen und auch das eine oder andere alkoholische Getränk erfolgreich vernichtet. Auch mit "Mutter Jeffery" wechselten wir ein paar Worte. Wir werden nie mehr vergessen, wie sie über den grossen Platz mit den vielen "Jeffery's" und deren Kinder schaute und sagte: "look what we (sie und ihr Mann) have done" :-)))

 

Kurz vor Mitternacht war dann ein grosses Highlight angesagt. Wir wussten vorerst nicht so genau, worum es eigentlich ging, als sie uns einfach aufforderten in die Lagerhalle mitzukommen. In der Halle standen ein paar Holzkisten auf dem Boden, nun ging es ans grosse Austern-Schlürfen und Muscheln essen. Es dauerte nicht lange, kamen wir natürlich nicht um einen Versuch der salzig-schlabbrigen Masse herum. Mit spitzen Messern wurden die Austern geöffnet. Angi kniff erfolgreich - Claudio versuchte eine Auster und eine Muschel. Hm... was soll man dazu sagen. So ganz roh ist es ziemlich "gewöhnungsbedürftig" - ein Bier zum Nachspülen wäre vermutlich nicht schlecht gewesen. Das hatte er in der Hektik aber beim Feuer stehen lassen. Die gekochte Variante, mit Knoblauch und Brotkrümelchen obendrauf, wäre bestimmt lecker gewesen. Egal, es wurde viel gelacht, rumgealbert und getrunken. Die Jeffery's sind eine lustige und sympathische Truppe. Ziemlich spät lagen wir im Bett. Was für eine schöne, unerwartete und eindrückliche Begegnung!

 

Am Tag darauf, nach nur wenigen Stunden Schlaf, nahm uns Kirk mit nach Lennox Island. Dieses kleine Dorf wird von etwa 245 First Nations bewohnt und ist sehr bekannt für sein jährliches Hummer-Essen. Der Auftakt des Anlasses war eine kleine Parade. Von Klein bis Gross, vom Kleinst-Velo zum Quad mit Schäferhund im Anhänger - es war alles mit dabei. Das Hummer-Essen fand dann in der Turnhalle statt, kaum wurden die ersten Meeresfrüchte serviert, waren wir rundherum von Knack-Geräuschen umgeben. Hm, bis man an das wenige und teure Fleisch herankommt, braucht es ziemlich viel Arbeit und es sieht manchmal auch nach einer ziemlichen Sauerei aus. Die zwei Pfarrer am "VIP-Tisch", die diesjährige Schönheitskönigin sowie die Bürgermeisterin gaben offensichtlich ihr Bestes. Von Kirk erhielt Claudio eine kleine Kostprobe - Claudio hatte sich vorgängig wohl richtig für die "kalte Platte" (ohne Meeresfrüchte) entschieden. Wir verliessen Lennox Island und wurden wieder zurück zum "Familien-Campingplatz" geführt. Dort genossen wir nochmals die Gesellschaft, doch später war es Zeit um auf Wiedersehen zu sagen.

Dear Jeffery-Family

We really had an unforgettable time with you guys! We were able to learn interesting things about the oysters, had good conversations and felt very comfortable at your place. We did not think at all that our "looking around for a place to camp" would end like this... It was a pleasure to meet you all and we thank you so much for your great hospitality!

Wir verliessen die Jeffery's am späteren Nachmittag. So entschieden wir uns kurzerhand für das Programm "auswärts essen und gleich nebenan schlafen". Die Pizza von Domino's in Summerside war lecker und die Nacht auf dem Walmart-Parkplatz okay. Somit waren wir wieder am Ausgangspunkt angelangt und konnten tolle Erlebnisse vom North Cape Coastal Drive mitnehmen.

 

Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg zum Mittelteil von Prince Edward Island und fuhren einen Teil des Central Coastal Drive. In Cavendish, einem beliebten Ferienort auf PEI, blieben wir aber nicht lange, da es für uns einfach zu touristisch war. Der Gehweg mit zig Restaurants, Vergnügungsparks, Wasserpark, Golfplätzen, usw. konnte uns nicht locken. Auch der ganze Hype um "Anne of Green Gables" liess uns ziemlich kalt, da wir die Geschichten rund um dieses kleine Mädchen nicht kennen.

Der Osten der Insel musste sich noch etwas gedulden, zuerst machten wir nämlich einen Abstecher in die Hauptstadt von PEI. Charlottetown, mit rund 35'000 Einwohnern eine übersichtliche Stadt, gefiel uns da schon besser als Cavendish. Trotz eher schlechtem Wetter schlenderten wir durch die Strassen, vorbei an Restaurants und den einen oder anderen Souvenirläden. Den Abend verbrachten wir mit einer riesigen Nacho-Platte und einem Hamburger in einem irischen Pub. Dies begleitet von lässiger Live-Musik. Wieder mal etwas Musik hören und uns bekochen lassen :-)

 

Beim Erwachen am nächsten Morgen und einem ersten Blick aus dem Fenster trauten wir unseren Augen kaum. Über Nacht war ein Kreuzfahrtschiff in Charlottetown angekommen und stand nun ganz in der Nähe an der Pier. Im Wissen, dass das Schiff schon bald hunderte, wenn nicht tausende, Touristen ausspucken würde, beeilten wir uns mit dem Frühstück, verliessen die Stadt und flüchteten auf den Points East Coastal Drive. Das erste Stück in den Nordosten der Insel war nicht ganz so spannend. Die Landschaft war hier von der Landwirtschaft und deren Anbaufeldern geprägt. Im Radio kündigten sie Gewitter für den Nachmittag und Abend an, so bezogen wir einen schönen Platz auf einem Camping in Campbell's Cove. Das schlechte Wetter nutzten wir um mit unseren Familienangehörigen zu skypen und backten uns Zimtschnecken. Diese stammen tatsächlich fixfertig aus der Dose, nur noch auspacken und backen war angesagt. Voilà fertig und leeeecker. Trotzdem vermissen wir die unschlagbaren Cinnamon Buns von Anita aus Smithers ;-)

Nach dem Ausbleiben der angekündigten Gewitter und zwei erholsamen Tagen auf dem schön gelegenen Campingplatz zog es uns wieder auf die "Seestern-Route". Der Weg der Küste entlang im östlichen Teil der Insel war nämlich mit Seestern-Tafeln ausgeschildert und führte uns als nächstes zum Leuchtturm am East Point. Wir verzichteten auch hier auf den kostenpflichtigen Besuch des Leuchtturms, trafen dafür aber auf den "Start of the world" und das "End of the world". Das hatten wir nicht gewusst ;-) 

Ein weiterer Leuchtturm wartete in Souris auf uns, doch der Hunger trieb uns bald weiter. Im Sally's Beach Provincial Park fanden wir einen tollen Platz für unser Mittagessen. Wieder einmal bereiteten wir uns leckere Fajitas zu. Frisches Gemüse, etwas pikante Tomatensauce, geriebener Käse und Tortillas - ein bisschen "Mexiko-Feeling" in Kanada. Die Verdauungs-Müdigkeit vertrieben wir mit einem ausgedehnten Spaziergang am Meer. Mittlerweile waren wir beide süchtig nach "sea glass" - wir suchten die vom Meer blind geschliffenen Glasstücke, welche ab und zu an Land gespült werden. Das Wetter war in der Zwischenzeit zum Glück wieder besser geworden.

Unterwegs machten wir auch noch bei einem kleinen Fischerhafen Halt. Wir schlenderten dem Wasser entlang und entdeckten immer wieder neue Fotomotive.

Schliesslich fuhren wir durch Georgetown, das Dörfchen haute uns nicht aus den Socken und auch einen geeigneten Übernachtungsplatz fanden wir dort leider nicht. So fuhren wir weiter und gelangten nach Montague. Am Ende der Roma Point Schotterstrasse steht eine Siedlung vergangener Tage, heute als Freilichtmuseum besuchbar. Alles war geschlossen, kein Mensch war da und wir fanden einen Platz direkt am Wasser - hier blieben wir für die Nacht stehen.


Bereits am früheren Morgen besuchten wir den einen Leuchtturm, es regnete dermassen, dass wir bereits nach den wenigen Metern bis zur Türe des Turms schon ziemlich nass waren. Die Pferde auf der Koppel nebenan schauten betrübt in die Welt hinaus. Auch unsere Kraulereien konnten sie nicht aufheitern.

Zum Abschluss..... nochmals einen Leuchtturm, direkt neben dem Fährterminal in Wood Islands gelegen. Am Schalter der Fähre taxierten sie uns freundlicherweise als Auto und nicht als Wohnmobil, was teurer gewesen wäre. Also bezahlten wir rasch die 75 Dollar und standen anschliessend in der Wartereihe. Übrigens werden die Hinfahrten nach PEI (also vom Festland auf die Insel) nicht berechnet, beim Verlassen der Insel wird dann entweder aber der Brückenzoll oder die Gebühr für die Fährüberfahrt fällig.

Die Überfahrt mit der Fähre nach Caribou in Nova Scotia war ruhig und wurde sogar mit Sonnenschein und einem Bord-Musiker begleitet. Gute Stimmung bei allen Passagieren war somit fast garantiert. Auch Angi genoss die ruhige und gemütliche Überfahrt, von Übelkeit keine Spur.

Besonders gespannt waren wir nun auf Halifax. Wir hatten vorgängig schon viel von anderen Reisenden, welche ihr Fahrzeug von Zuhause mitnahmen und nach Halifax verschifften, davon gehört. In der Nähe von Halifax wollten wir aber auch Daina und Stefan, kanadische Reisefreunde, welche wir seinerzeit in El Salvador mit ihrem Truck-Camper getroffen hatten, wiedersehen. Wir standen schon seit einiger Zeit per E-Mail in Kontakt und sie erwarteten uns bei sich Zuhause.

An einem Samstags-Markt in Halifax stellt Daina ihre gemalten Kunstwerke jeweils zum Verkauf aus und so überraschten wir sie gleich dort. Das Wiedersehen war herzlich und wir freuten uns auf die gemeinsame Zeit mit ihnen. Da Daina ja weiter arbeiten musste, sahen wir uns ein erstes Mal Halifax an und verabredeten uns für den Abend an ihrem Wohnort, wo wir dann auch Stefan trafen.

Blick auf die Stadt von der Citadel National Historic Site aus.
Blick auf die Stadt von der Citadel National Historic Site aus.

Übrigens... Mit dem Camper durch einen Friedhof? Kein Problem! Da Parkplätze für die Besichtigung der Titanic-Gräber auf dem Fairview Lawn Friedhof in Halifax fehlten und sowieso jeder andere Autofahrer bis zu den Grabstätten hinfährt, machten wir dies selbstverständlich auch. Ganz amerikanisch, respektive kanadisch, fuhren wir also hinein. Ein paar Wegweiser führten uns geradewegs zu den Stellen wo die Opfer des Titanic-Untergangs ihre letzte Ruhestätte fanden.

Nur ein paar Minuten von Daina's und Stefan's Wohnort entfernt liegt ein schöner Strand, welchen die beiden zum Wellenreiten benutzen. Auch wir genossen diesen nahen Erholungsplatz, schauten jeweils lange den Kite-Surfern und den Wellen zu.

Um das sonnige Wetter weiterhin möglichst gut nutzen zu können, verabschiedeten wir uns vorerst für ein paar Tage von Daina und Stefan. Wir verliessen somit Halifax und besuchten Peggy's Cove. Der kleine Ort, heute mit etwa 650 Einwohnern, ist eine der wichtigsten touristischen Attraktionen in Nova Scotia. Trotz des grossen Einflusses des Tourismus hat das kleine Dorf den Charme eines kleinen Fischerhafens bewahren können. Dazu beigetragen haben sicherlich auch die strengen Regeln für die Bebauung und den Zuzug von neuen Bewohnern. Als wir ankamen, waren wir (wie erwartet) nicht die einzigen. Einen ersten Eindruck vom Leuchtturm ergatterten wir schon bei unserer Anfahrt, machten aber zuerst einmal ein Mittagessen auf dem Parkplatz des Besucherzentrums und hofften, dass der Ansturm später etwas nachlassen würde.

Alles ist da... auch ein Rollkoffer.
Alles ist da... auch ein Rollkoffer.

Inzwischen waren ein paar Busladungen Touristen weg und wir liefen gemütlich zurück zum Leuchtturm. Auch wenn immer noch viele Leute um eines der am meisten fotografierten Gebäude der atlantischen Seite Kanadas herumkletterten, konnten wir es uns gemütlich machen und spielten ebenfalls ein bisschen mit dem Leuchtturm als Fotomotiv herum ;-)

Wir verbrachten an diesem Tag einige Zeit rund um den Leuchtturm, fasziniert von der Kulisse und der Anziehungskraft auf die Touristen aus aller Herren Länder. Unseren Aussichtspunkt hatten wir schnell gefunden und es uns mit ein paar Chips und einer besonderen Flasche gemütlich gemacht. Rum und Cola - keiner hat es gemerkt und so hat es auch keiner konfisziert ;-)

Die Nacht verbrachten wir übrigens gleich auf dem Parkplatz des Besucherzentrums. Stunden später zogen dann mächtige Wolken auf, es blitzte und regnete heftig. Peggy's Cove empfing uns am nächsten Tag mit einer anderen Stimmung als noch am Tag zuvor.

Unser Übernachtungsplatz mit Aussicht bei (noch) gutem Wetter.
Unser Übernachtungsplatz mit Aussicht bei (noch) gutem Wetter.

Leider erlangte Peggy's Cove auch wegen eines Flugzeugabsturzes internationale Aufmerksamkeit. Am 02. September 1998 stürzte der Flug 111 der Swissair auf dem Weg von New York nach Genf vor der Küste von Peggy's Cove ab. Als die Piloten einen ungewöhnlichen Geruch im Cockpit wahrnahmen, setzten sie einen Notruf ab, das Schicksal nahm seinen traurigen Lauf. Beim schwersten Unglück der Swissair kamen alle 215 Passagiere und 14 Besatzungsmitglieder ums Leben. Die Ursache des Absturzes war ein Kabelbrand in der Bordelektronik. Die Untersuchung des Unglücks dauerte über vier Jahre und kostete 39 Millionen Dollar. Zeitweise waren mehr als 4'000 Menschen mit der Bergung beschäftigt.

 

Uns beiden war dieses traurige Ereignis noch gut in Erinnerung und so besuchten wir die nahe gelegene Gedenkstätte bei Whalesback. Dort herrschte irgendwie eine komische Stimmung. Es sind mittlerweile so viele Jahre vergangen - trotzdem war es für uns emotional und bewegend. Die Gedenktafeln aus Stein, der Blick auf die Weite des grossen Meers, eine kleine Schweizerflagge im Wind wehend...

Auch die zweite Gedenkstätte bei Bayswater, 10.9 Kilometer Luftlinie von Whalesback entfernt, haben wir besucht. Jedoch erst zwei Tage später auf dem Rückweg von Lunenburg. Hier wurden die Namen aller Opfer in einer Steinwand eingraviert. Die Stätte liegt eher in einem Wald, die Küste ist in Sichtweite.

 

Die Plätze für die zwei Gedenkstätten wurden übrigens nicht zufällig ausgewählt. Verbindet man die Absturzstelle im Meer und die Stätten, ergibt sich ein Dreieck. In den Monumenten sind "Sichtlinien" eingearbeitet, welche zum Beispiel nach Bayswater und die Absturzstelle im Ozean zeigen.

Unser nächster Halt war der kleinen Hafenstadt Lunenburg gewidmet. Sie ist Kanadas älteste deutsche Siedlung mit einer langen Fischerei- und Schiffbautradition. Der Stadtkern von Lunenburg, mit seinen bunten Häusern und alten Kapitänsvillen, zählt seit 1995 zum Unesco-Weltkulturerbe. Der Nebel hatte sich während der Fahrt glücklicherweise verzogen und so starteten wir unsere Erkundungstour zu Fuss. Bald waren wir aber ziemlich hungrig, Abhilfe schafften Sandwiches auf der Subway-Terrasse. Diese wurde von uns inoffiziell als die schönste "Subway-Terrasse Kanadas" gekürt ;-) Für den Besuch des Fischereimuseums brauchten wir viel Zeit, denn es gab dort einiges zu sehen. Auch gehörten zwei Schiffe, welche im Wasser an der Pier lagen, dazu. Mit den Geschichten der "Rum-Runner" (Rum-Schmuggler als Alkohol seinerzeit verboten war) konnten wir uns schnell anfreunden - wann war es, als wir die letzte Flasche Rum "nicht offiziell an der Grenze deklariert" hatten? ;-)

 

Den Abend verbrachten wir mit den "Glimpses". Die Frauen und Männer musizierten, sangen und boten auch einige komödiantische Einlagen während der Darbietungen in einem Saal des Fischereimuseums. Dabei stand vor allem die Geschichte von Lunenburg sowie von den Fischern und Seefahrern im Zentrum der vorgetragenen Lieder. Die ganze Vorstellung dauerte fast zwei Stunden und war es mehr als wert.

Aus Zeitmangel liessen wir eine Weiterfahrt in den Süden von Nova Scotia aus und kehrten zurück nach Halifax zu Daina und Stefan. Wir verbrachten nochmals eine gute Zeit mit den beiden, assen zusammen und legten spontan einen Fernseh-Abend ein. Natürlich durften auch ein paar Reisebilder und Geschichten nicht fehlen. Bevor wir wieder auf Achse gingen, erledigten wir ein paar dringende Pendenzen. Nachdem Daina fast jeden Abend für uns gekocht hatte, revanchierten wir uns am letzten Abend. Bei einem gemütlichen Nachtessen und anschliessender "Movie-Night" liessen wir unsere gemeinsame Zeit ausklingen.

Dear Daina and Stefan

Thank you for your invitation! It was a pleasure to see you again after we had met each other at this beautiful beach in El Salvador. It was great to have such a nice home for a few days.

Wir sagten Halifax nun definitiv "Tschüss" und fuhren weiter der Küste von Nova Scotia entlang in Richtung Norden. Einmal mehr hatte das Wetter umgeschlagen. So kürzten wir die ursprünglich geplante Strecke ab und fuhren ins Landesinnere nach Antigonish. Dort war dann vorerst Schluss, wir waren müde und bald im Bett. Tags darauf ging es weiter in Richtung Cape Breton. Unser Reiseführer meinte, dass in Judique beim Celtic Music Centre jeden Tag Musik gespielt würde. Jeden Tag, ausser es findet ein Spezialanlass statt, wie bei unserem Besuch. So war das Besucherzentrum geschlossen und wir erfuhren, dass das Spezialprogramm in rund zwei Stunden in einer Halle stattfinden würde. Irgendwie hatten wir keine Lust, so lange zu warten und dann drinnen zu sitzen. Es folgte eine "schicksalshafte" Entscheidung, die Fahrt einfach fortzusetzen. Übers lokale Radio wurden wir über eine andere Musikveranstaltung in Mabou informiert, kurzerhand fuhren wir dorthin. Die Fahrt führte uns aus dem Dorf heraus über eine längere Schotterstrecke zu einem kleinen Fischerhafen. Wären nicht noch andere Autos auf der gleichen Strasse unterwegs gewesen, hätten wir schon lange gedreht in der Meinung, uns verfahren zu haben... Am Ende der langen und staubigen Anfahrt hörten wir gälische Musik, der Duft gegrillter Würste hing im Hafen in der Luft, Fischkutter nahmen Gäste zu Ausfahrten mit. Wir wussten gleich, dass wir hier eher zufällig am richtigen Ort gelandet waren. So genossen wir die Atmosphäre, die Musik, Claudio zwei Würste mit Brot und eine etwas (sehr!) nasse und windige Fischkutterfahrt.

Die Bleibe nach unserem schönen Musiknachmittag fanden wir bald. Wie schon geschrieben, ziehen uns Leuchttürme immer wieder mal an, wir hatten auch schon ein paar Mal bei Leuchttürmen übernachten dürfen. So auch hier, es war keine Menschenseele da, nur der Regen prasselte auf unser Camperdach. Gute Nacht, wir hatten wieder mal einen schönen Übernachtungsort nur für uns alleine.

Schon leer...?
Schon leer...?

Es hatte in dieser Nacht wirklich nur einmal geregnet - abends bis vier Uhr morgens ununterbrochen. Zum Glück ist unser Camper dicht und wir hatten es warm und trocken.

Der Entscheid, bei diesem nasskalten Wetter auf der Strecke eine Whisky-Distillerie zu besuchen, fiel uns sehr leicht. Ein Angestellter der Glenora-Brennerei zeigte uns die Räumlichkeiten und erklärte das ganze Prozedere bis dann schliesslich ein süffiger Whisky entsteht. Selbstverständlich - auch "früh" um 11.30 Uhr - gönnten wir uns ein Gläschen des leckeren Gebräus :-)

Lange waren wir gespannt auf den Cabot Trail. Diese Panoramastrasse, welche als eine der schönsten in Nordamerika gilt, verläuft entlang der Küste ganz im Norden von Nova Scotia. Auf rund 300 Kilometern führt sie unter anderem durch den Cape-Breton-Highlands-Nationalpark. Die verschiedenen Theorien, ob man nun im Uhrzeigersinn oder gegen den Uhrzeigersinn fahren sollte, liessen wir links liegen und wählten die für uns sinnvollere Variante, also im Uhrzeigersinn. In Chéticamp legten wir noch eine Übernachtung ein, um dann am nächsten Tag bei schönstem Wetter starten zu können.

 

Tatsächlich ging es nicht lange, da lagen die ersten schönen Aussichtsplätze vor uns. Wir genossen die Fahrt und sogen die Sonnenstrahlen ein. Von der Küste weg fuhren wir auch in die Höhe. Ganze 500 Höhenmeter und sogar ein bisschen mehr - fast schon beachtlich für diese Gegend - in der Schweiz wäre es wohl ein unbedeutender kleiner Hügel.

Unterwegs machten wir auch einen Abstecher an die Meat Cove, zur nördlichsten Gemeinschaft in Nova Scotia. Schon nur der dortige Camping war die Anfahrt auf der kurzen Schotterstrecke wert. Für ganze 30 Dollar (ohne Strom) wird auch die herrliche Aussicht mitbezahlt. Auf dem Platz lernten wir Sonja und Klaus aus Deutschland kennen. Sie waren soeben mit ihrem verschifften Reisemobil "Balu" in ihre Auszeit gestartet und haben noch so einiges vor. Unsere Wege waren etwa die gleichen und wir waren uns sicher, dass wir die zwei noch wiedersehen würden. Nach einem kleinen Spaziergang liess es sich Claudio nicht nehmen im Meer zu baden. Es war so ziemlich schweinisch kalt, aber erfrischend...

Leider wechselte nun das Wetter wieder. Einmal mehr von schön auf trübe und regnerisch. Wir verliessen somit die Meat Cove bereits nach einer Nacht und fuhren zurück auf den Cabot Trail. In Dingwall, einem kleinen Dörfchen, fanden wir per Zufall das St. Paul Island Museum. Wir hätten eigentlich nicht erwartet, dass es überhaupt geöffnet war. Erstaunt traten wir ein und wurden von einer Angestellten sehr sympathisch über den Leuchtturm und das Leben eines Leuchtturmwärters informiert. Der Turm stand seinerzeit auf der kleinen vorgelagerten St. Paul Insel und wurde danach zur Erhaltung auf das Festland gebracht.

Leider wollte das Wetter nicht so wie wir wollten. Es regnete und windete. Deswegen beschlossen wir, direkt nach Baddeck auf einen Campingplatz zu fahren. Dies hatte auch noch einen anderen, wichtigen Grund. Vor ein paar Wochen wurde auf Angi's Kreditkarte ein grosser Betrag abgebucht, welcher sicher nicht von uns stammte. Die Kreditkartenfirma forderte (vor der Rückerstattung des Betrages) nun einen Ersatz ihrer Karte und wir hatten diese ein paar Tage zuvor auf den Campingplatz in Baddeck bestellt. Zum Glück konnten wir die Lieferung online mitverfolgen und so wussten wir etwa, wann die Karte dann auch eintreffen sollte. Tatsächlich hatte dies einwandfrei geklappt, schon am nächsten Tag hielten wir die Post in unseren Händen. Noch am gleichen Nachmittag packten wir unsere sieben Sachen zusammen und fuhren nach North Sydney. Unsere nächste Destination stand nämlich schon lange fest: Neufundland. Im Fährterminal reservierten wir die Fähre für den nächsten Tag - sicher ist sicher. Für die zirka sechsstündige Überfahrt waren 252 Dollar für unser Fahrzeug und zwei Personen fällig. Die letzten Stunden in Nova Scotia vertrieben wir mit Einkaufen und übernachteten auf einem Walmart-Parkplatz. Dort war für Unterhaltung gesorgt, die "Dorfjugend" traf sich mit ihren Autos. Diese wurden nebeneinander parkiert, die Scheiben heruntergelassen und dann geplaudert oder Musik gehört. Aussteigen war offenbar überflüssig, was blieb war leider meist Abfall.

Die beiden Provinzen Prince Edward Island und Nova Scotia haben uns sehr gut gefallen. Da wir vor allem in Nova Scotia nicht allzu viel Zeit verbracht haben, können wir uns gut vorstellen, eines Tages hierher zurückzukehren und den Rest der Halbinsel zu erkunden.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0